Produktives Lernen in Brandenburg
Produktives Lernen – Bildung für die Zukunft
Steffen Reiche, ehemaliger Bildungsminister in Brandenburg
Im Schuljahr 2002/03 begann in Brandenburg das vierjährige, vom IPLE begleitete, Modellprojekt Produktives Lernen an Schulen in Brandenburg. Damit wurden die positiven Ergebnisse der Schulversuche zum Produktiven Lernen an Berliner Schulen (PLEBS) für Brandenburg genutzt. Gefördert wurde das Modellprojekt aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds.
Produktives Lernen verfolgt eine doppelte Zielsetzung: Einerseits trägt es zur dringend notwendigen Schulreform in der Sekundarstufe I der allgemein bildenden Schule bei und gibt damit andererseits eine Antwort auf die immer wieder alarmierenden Ergebnisse der PISA-Studien. Schülerinnen und Schülern, die von den Bildungsangeboten der traditionellen Schule nicht oder nicht mehr erreicht werden, erhalten die Möglichkeit durch den innovativen Bildungsansatz des Produktiven Lernens Schulabschlüsse bzw. bessere Schulabschlüsse als in der Regelschule zu erreichen. Zum anderen bietet Produktives Lernen den beteiligten Schüler*innen eine individuelle und intensive Berufsorientierung und hilft dadurch, die Kluft zwischen Allgemeinbildung, Berufswahl und Berufstätigkeit zu schließen und den Übergang ins Berufsleben sinnvoll zu begleiten.
Schüler*innen und Eltern können sich bei Interesse an folgende Schulen wenden:
- Fontane Oberschule (Neuruppin)
- Jean-Clermont-Oberschule (Oranienburg)
- Oberschule Schlaubetal (Müllrose)
- Karl-Sellheim-Schule (Eberswalde)
- Oberschule Templin (Templin)
- „Ullrich v. Hutten“ Gesamtschule (Frankfurt/Oder)
- Grund- und Oberschule Johannes Clajus (Herzberg)
Die Teilnehmer*innen müssen nicht Schüler bzw. Schülerin an einer der benannten Schulen sein, sondern können auch aus anderen Schulen aus dem regionalen Umfeld bzw. aus anderen Schularten (z. B. Gymnasien) kommen. Sie sollten die 8. Klassenstufe mit oder ohne Erfolg durchlaufen haben und nach dem Bildungsansatz des Produktiven Lernens tätigkeits- und erfahrungsbezogen lernen wollen. Im Produktiven Lernen werden sie von qualifizierten Pädagoginnen und Pädagogen individuell auf ihren jeweiligen Bildungswegen begleitet und beraten: Sie entwickeln gemeinsam mit den Pädagog*innen in der Individuellen Bildungsberatung ihr Individuelles Curriculum, das kontinuierlich evaluiert und weiterentwickelt wird. Nach erfolgreichem Durchlaufen der Klassenstufe 9 wird der Abschluss der Berufsbildungsreife vergeben, nach der Klassenstufe 10 der Abschluss der Erweiterten Berufsbildungsreife.
Produktives Lernen an Schulen in Brandenburg – Erfahrungen und Erkenntnisse aus der vierjährigen Modellphase
Die vierjährige Modellphase des Projekts Produktives Lernen an Schulen in Brandenburg, die durch das Institut für Produktives Lernen in Europa (IPLE) begleitet wurde, endete mit dem Schuljahr 2005/06. Der damalige Bildungsminister Rupprecht würdigte das Produktive Lernen bei der Abschlussveranstaltung an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder als „vorbildhaften und innovativen Ansatz“. Im Rahmen eines projektbegleitenden Weiterbildungsstudiums entwickelten, erprobten und evaluierten die beteiligten Pädagog*innen kontinuierlich ihr jeweiliges Bildungsprojekt. Durch regionale, überregionaler und internationaler Vernetzung der Projektstandorte im Rahmen des Internationalen Netzes Produktiver Bildungsprojekte und Schulen (INEPS) tauschten sich Schüler*innen und Pädagog*innen aus und organisierten Begegnungen untereinander in ganz Europa.
Die Abschlussevaluation des Modellprojekts macht in vielfältiger Weise deutlich, dass Produktives Lernen als eine von der Regelschule abweichende Organisationsform von Bildung und Lernen sich an den sieben Standorten etabliert hat. Produktives Lernen bietet Jugendlichen, die sich einem schulischen Lernen und Bildung weitgehend entzogen haben, die Möglichkeit einen Schulabschluss zu erlangen, sich beruflich und persönlich zu orientieren und auf diese Weise neue Perspektiven für sich zu entwickeln. Damit stellt der Bildungsansatz Produktives Lernen einen wichtigen Baustein in einer differenzierten und sich verändernden Bildungslandschaft in Brandenburg dar.